Wie der ein oder andere von euch sicher weiß, hat es mich dieses Jahr in das schöne Uruguay verschlagen. Ihr habt noch nie etwas über dieses Land gehört und wisst auch nicht, wer ich bin?
Ich bin Robert und war letztes Jahr in der 10. Klasse an der MANOS, der eine oder andere hat mich vielleicht als Schülersprecher in Erinnerung. Normalerweise wäre ich jetzt ganz normal in der 11. Klasse und würde für mein Abitur lernen, aber vor inzwischen 1,5 Jahren hatte ich da eine andere Idee…
Damals nämlich habe ich mir langsam aber sicher in den Kopf gesetzt, ein Austauschjahr zu machen und das heißt: Warten, Bewerben, Warten, Auswahlgespräche, Warten, Bestätigung, Warten, Vorbereitung, Warten und dann der Abflug. Das war dann vor 3 Monaten, am 15.08.2013.
Und Uruguay? Uruguay ist ein kleines Land mit etwa 3,5 Millionen Einwohnern. Es liegt an der Atlantikküste zwischen Brasilien und Argentinien. Geprägt ist es von einer sehr welligen Landschaft, in der der höchste Berg 500m hoch ist. Genau diese ist sehr gut für Agrarwirtschaft, besonders Viehzucht, weshalb es hier mehr Kühe als Menschen gibt. Die Menschen sind typisch lateinamerikanisch und etwas offener und fröhlicher als in Deutschland. Alles ist sowieso etwas ruhiger und richtig einen Plan macht man sich eigentlich nie. Ganz in diesem Sinne wird hier auch sehr viel Mate getrunken, das Nationalgetränk in Uruguay. Wer mehr darüber wissen will, kann hier noch etwas lesen: http://goo.gl/vYFzPd
Aber wie ist es denn so weit weg von der Familie in einer ganz anderen Kultur mit einer Sprache, von der ich anfangs nichts verstanden habe?
Am besten beschreibt es wohl der kurze Satz: „Austausch ist Lernen!“
Ich habe in den letzten drei Monaten Gefühle empfunden, von denen ich nicht einmal wusste, dass es möglich ist, so etwas zu empfinden. Ich habe Menschen kennen gelernt, von denen ich nicht wusste, dass sie überhaupt existieren und ich habe ganz nebenbei auch noch ein wenig Spanisch gelernt.
Es ist natürlich nicht immer so leicht, wie man sich das ganze vorstellt und es gibt auch ab und zu den Moment, an dem ich vielleicht doch lieber zu Hause wäre, mit meiner Familie und meinen Freunden, in einem vertrauterem Umfeld. Aber in genau diesem Moment passiert etwas einzigartig anderes und die Gedanken werden weggewischt.
Ihr wollt ein Beispiel? Gerne. Neulich saß ich auf einer Bank, habe Mate getrunken und mir ein paar Gedanken gemacht, was alle in Deutschland gerade so machen könnten. Da hat mich ein Fremder angesprochen und dann haben wir uns zwei Stunden unterhalten. In Deutschland ist das wohl kaum vorstellbar, aber genau diese Momente sind es für mich, die das Austauschjahr großartig machen. Sicherlich ist es auch die unglaublich große Familie (25 Menschen), die ich hier habe und die Herzlichkeit, mit der ich von allen aufgenommen wurde. Und auch wenn ich mir ab und zu ganz selten denke, dass es in Deutschland etwas bequemer wäre: Von hier will ich nicht mehr weg.
Ich denke, dass passiert jedem, der sich für ein Austauschjahr entscheidet und ich kann nur sagen: Raus aus der Komfortzone! Egal ob ein Austauschjahr, einfach mal etwas anderes ausprobieren, Menschen – die ihr vorher noch nie gesehen habt – ansprechen oder ein wenig Freude verbreiten und etwas „Verrücktes“ machen.
Damit ihr euch unter „Austausch ist Lernen“ noch mehr vorstellen könnt, hier ein unter Austauschschülern bekannter Text, von einem unbekannten Autor. Ich würde ihn genau so unterschreiben und kann ihm zu 100% Recht geben.
“Austausch ist Lernen. Es ist nicht ein simples Lernen, was in der Schule unterrichtet wird. Es ist Lernen zu zuhören, zu reden und zu denken. Lernen wer man selbst ist, wer deine Freunde sind und welche Leute man als Freunde haben will. Es ist das Lernen deinen innersten Gefühlen zu vertrauen und diese Gefühle erst einmal zu finden. Es ist Lernen, was wirklich wichtig für dich ist und Herausfinden, welche Dinge dir am Arsch vorbeigehen.
Austausch ist Toleranz, Akzeptanz, Freundschaft und Liebe. Lernen wie man gibt genauso wie man nimmt und das alles sich zum Guten wenden wird, wenn man nur daran arbeitet und glaubt. Es ist Lernen, dass deine Mutti und dein Vati manchmal doch die richtigen Antworten haben.
Austausch ist Lernen, Menschen wie Menschen zu behandeln und nicht als Massenprodukt. Lernen etwas zu erreichen, lernen erfolgreich zu sein, lernen zurückzustecken und trotzdem stolz auf sich selbst zu sein. Lernen nicht auf dem ersten Platz zu sein und sich trotzdem wie ein Champion zu fühlen.
Lernen, dass wenn man einen schlechten Platz erreicht hat, sich eingesteht, dass man hätte besser sein können. Es ist das Lernen, dass große Partys nicht unbedingt das Beste sind. Lernen, dass Einsamkeit nicht besser in einer Gruppe wird und das es manchmal okay ist an einem Samstagabend allein zu sein. Es ist Lernen, dass Langeweile einfach nur eine Faulheit der Gedanken ist.
Austausch ist Lernen, wie man Koffer packt und wie man ein Zimmer mit viel zu viel Zeug füllen kann. Es ist Lernen, dass Leute dich mehr mögen, als sie dir je erzählen werden und dass es deine Verantwortung ist, dass deine Freunde und Familie weiß, wie sehr du sie schätzt. Es ist Lernen doppelte Dankbarkeit zu zeigen. Es ist lernen zu lachen und anderen Leuten das Lachen beizubringen und zu schenken.
Austausch ist zu lernen Leute so zu vermissen, um sie nicht in die Vergangenheit zu stecken, aber sie nicht so doll zu vermissen, dass es dich selbst davon abhält in die Zukunft zu blicken. Es ist das Lernen sich selbst und auch andere zu motivieren. Lernen, was der Satz “WAHR MACHEN” bedeutet und es auch benutzt und nicht einfach “Wahr gemacht” daraus formt.“
Was ich hier in Uruguay genau mache, ist ganz schön viel und alles zu erzählen ist schwer. Aber ich probiere möglichst viel in meinem Blog zu erzählen. Wenn ihr möchtet, dann schaut doch einfach mal rein: http://robert-in-uruguay.blogspot.com/
Robert Kasperan